Neue Westfälische, Bielefeld
Samstag 7.März 2015
Porträt zum internationalen Frauentag
Goldschmiedin zwischen Hammer und Amboss
Goldschmiedemeisterin Gudrun Baak weiß: Frauen müssen in Männerberufen Stehvermögen beweisen.
Schloß Holte-Stukenbrock. Gudrun Baak hält den Atem an. Dann pustet sie konzentriert in einen Gummischlauch, der an einen Bunsenbrenner angeschlossen ist. Mit ihrem Atem kontrolliert sie die
Hitze der Flamme. Nach und nach wird der grobe Silberring, den sie mit einer Zange in die Flamme hält, weicher. Nun kann sie das Metall so in Form bringen, wie sie es wünscht. Gudrun Baak ist
Goldschmiedin und weiß genau: Etwas anderes
möchte sie nie wieder in ihrem Leben machen.
Am morgigen Sonntag ist der 8. März und damit der Internationale Frauentag. Gudrun Baak arbeitet als Frau in einem Beruf, der noch vor nicht allzu langer Zeit von Männern beherrscht wurde. Sie
ist Goldschmiedin. Ein Beruf
zwischen heißem Metall, Schweiß und schwerer körperlicher Arbeit – und doch Kreativität und viel Fingerspitzengefühl.
„Als ich die Ausbildung zur Goldschmiedin anfing, habe ich gemerkt, dass sich meine Vorstellungen doch stark von der Realität im Berufsalltag unterscheiden“, berichtet Gudrun Baak. Kunstbegabt
träumte sie von einem Beruf, in dem sie ihre Kreativität ausleben konnte. Weil sie hobbymäßig gerne mit Silberdraht bastelte, entschied sie sich für eine Karriere als Goldschmiedin.
Hämmern, schmelzen, schweißen – als einziges Mädchen im Betrieb musste Baak sich von Beginn an durchsetzen: „In der Werkstatt war ich stets allein mit Männern. Das war aber nie ein Problem. Ich
habe versucht meine Arbeit so gut wie möglich zu machen und damit zu überzeugen. Das Verhältnis zu den Kollegen war immer sehr freundschaftlich.“
In dem damals noch männerdominierten Beruf musste sie sich als Frau ein dickes Fell anschaffen. „Ich habe es immer wieder erlebt, dass ich als Frau nicht so respektiert wurde wie die anderen. Oft
kam von Kunden die Frage,
ob denn der Chef da sei, da ist Stehvermögen gefragt.“
Mittlerweile hat sich der Goldschmiedeberuf gewandelt – der Großteil der Goldschmiede in Deutschland ist weiblich. Doch auch heute noch hat Gudrun Baak gegen Vorurteile zu kämpfen: „Bei Händlern
oder Kunden, die neu zu mir kommen, wollen schon mal manche meinen Vorgesetzten sprechen oder in Gesprächen mit der Bank wird mir manchmal empfohlen, doch noch mal mit meinem Mann
wiederzukommen“, sagt die ledige Frau.
Seit 1983 darf sie sich Goldschmiedemeisterin nennen, vor 30 Jahren machte sich die Inhaberin des Goldschmiedeateliers an der Schlossstraße selbstständig. Junge Mädchen in diesem Beruf ausbilden
will sie jedoch nicht: „Ich habe damals eine sehr gute Ausbildung erfahren und würde das gerne mit einem ähnlichen Aufwand weitergeben. Doch dafür habe ich einfach keine Zeit.“
Mit Auftragsarbeiten – das bedeutet Sonderanfertigungen, Reparaturen oder Schmuckänderungen für Kunden ist ihr Terminkalender gut gefüllt. Hinzu kommt die Kreation eigener Schmuckstücke, die
Gudrun Baak nicht
vernachlässigen will. „Ich liebe die kreative Arbeit in der Werkstatt. Es wird zwar im Alter nicht einfacher – immerhin ist es ein Schmiedeberuf – trotzdem will ich, so lange ich irgendwie kann,
Goldschmiedin sein.
Jungen Mädchen, die über einen Handwerksberuf nachdenken, rät sie: „Wenn du denkst, das ist das richtige für dich, dann tu es. Mach ein Praktikum, damit du nicht mit der völlig falschen
Vorstellung in die Ausbildung
stolperst. Als Goldschmiedin ist es heutzutage schwer, eine Anstellung zu finden. Wenn du meinst, es ist dein Ding und du dir zutraust, selbstständig zu werden, dann halte daran fest und mach es
einfach.“
Quellenangabe: Neue Westfälische
Autor: Tobias Schneider
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